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Sophie Elpel – Richtig traurige Entscheidung

Sophie Elpel - Richtig traurige Entscheidung

Unsere Kolumnistin Sophie Elpel wagte vor zwei Jahren den Schritt in die Selbständigkeit. Allerdings startete sie nicht mit wehenden Fahnen in ihren neuen Lebensabschnitt. Im Gegenteil: Sie wurde von ihren widersprüchlichen Gefühlen überrascht.

Richtige Entscheidungen erkennt man daran, dass sie sich gut anfühlen. Oder nicht? Und ich meine jetzt keine Entscheidungen, die nur deshalb richtig sind, weil Omi, Vati oder die Gesellschaft sie absegnen.

Nee, ich meine die richtigen Entscheidungen. Die, die aus dem Herzen kommen. Die, die dir aus der Seele sprechen – egal, was Omi, Vati oder die Gesellschaft eben von ihnen hält.

So eine Entscheidung kann sich nur gut anfühlen, ja, das muss sie sogar – davon war ich immer überzeugt. Bis ich beschloss, meinen sicheren Job zu schmeißen und Autorin zu werden.

Noch nie hatte sich eine Entscheidung so richtig angefühlt – und noch nie war ich anschließend so traurig gewesen. Wie konnte das sein?

Sophie Elpel – die Idee der Selbständigkeit

Die Idee der Selbständigkeit kam mir nicht nach wochenlangen Überlegungen. Ich lag nicht nächtelang wach und wägte für und Wider ab.

Stattdessen gab es bei mir diesen einen magischen Klickmoment, von dem immer alle reden, und der tatsächlich den Schalter in mir umlegte.

In meinem Fall war es ein Mausklick. Mein damaliger Chef stand in diesem hippen, frisch renovierten Konferenzsaal vor mir und arbeitete sich enthusiastisch durch eine bedeutungsschwere PowerPoint-Präsentation.

Er zeigte meinem Team die Neuausrichtung unseres Unternehmens und erklärte, wohin „wir“ zusammen wollten und was „unsere“ Ziele waren.

Das Problem war nur: Keines dieser Ziele stimmte mit den meinen überein.

Mein Herz wurde nicht nur schwer, sondern tat richtig weh, als ich meinen Chef über Visionen sprechen hörte, die mir völlig widersprachen.

Sophie Elpel: „Ich musste anfangen, meine eigenen Ziele zu finden.“

 

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Während er also durch seine Folien flippte, fiel mit einem Schlag meine Entscheidung: Ich kann das nicht mehr. Ich konnte meinem Chef nicht mehr dabei helfen, seine Ziele zu erreichen, sondern musste anfangen, meine eignen zu finden.

Als er mich zwei Wochen später zum jährlichen Mitarbeitergespräch in sein Büro bat, ging ich ohne einen Plan hinein – und mit meiner unerwarteten Kündigung wieder hinaus.

Es hätte sich wie ein Befreiungsschlag anfühlen müssen, aber das tat es nicht. Stattdessen weinte ich drei Tage lang. Ich weinte überall. Zu Hause, während der Arbeit, im Café, als ich mich mit meiner Mutter zum Mittagessen traf.

Ich weinte, weil ich erst jetzt verstand, dass ich mich über zwei Jahre lang in dieser Agentur selbst verraten hatte. Weil ich erst jetzt bemerkte, wie sehr mich der Kampf gegen mich selbst erschöpft hatte.

Aber ich weinte auch, weil mir aufging, dass ich mich ab jetzt nicht mehr selbst belügen konnte.

Und dann ärgerte ich mich auch noch über mich selbst: denn mit der Entscheidung, meinen sicheren Job aufzugeben und mich stattdessen – ohne irgendeinen Plan und gespartem Geld! – in die Selbständigkeit zu stürzen, den schweren Weg wählte.

Und wieso zur Hölle konnte ich nicht einfach den Leichten wollen?

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Die Menschen um mich herum waren irritiert, dass ich meine Entscheidung so sehr betrauerte. Wenn sie mich offensichtlich so unglücklich machte – wieso hatte ich sie dann überhaupt gewählt?

Aber wie konnte ich ihnen erklären, dass ich keine Sekunde daran zweifelte – mich aber von so vielem verabschieden musste, von allem, was ich bisher kannte und lebte?

Sophie Elpel: „Ich begann endlich auf mein Herz zu hören!“

Und dann waren meine Tränen letztendlich auch vor allem eins: Tränen der Erleichterung. Weil ich endlich begann, auf mein Herz zu hören. Weil ich endlich bemerkte, dass ich so nicht mehr weitermachen konnte.

Und weil ich wusste, dass ich genug Mut und Ausdauer haben würde, um diesen vermeintlich schwierigeren Weg zu gehen.

Mittlerweile bin ich seit zwei Jahren selbstständig. Ich habe meine Entscheidung seitdem keinen einzigen Tag bereut. Traurig bin ich manchmal trotzdem, denn im Leben gibt es nicht nur Schwarz und Weiß.

Doch vor allem bin ich eins: ziemlich glücklich, weil sich mein Weg nicht nur richtig, sondern auch echt anfühlt.

Sophie Aurélie Elpel

Sophie Aurélie Elpel ist seit zwei Jahren freiberufliche Autorin und Schreibtherapeutin. In jeder Ausgabe wirft sie ein kritisches Auge auf die Auf und Abs der Selbständigkeit.

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