In welchen Berufen ist der Frauenanteil gering? In vielen Berufsgruppen, in denen akuter Fachkräftemangel herrscht, stagniert der Frauenanteil.
Eine Wende erscheint in weiter Ferne. Damit Unternehmen von dem ungenutzten Potenzial an weiblichen Fach- und Führungskräften profitieren können, lohnt es sich, einen genauen Blick darauf zu werfen, in welchen Berufen der Frauenanteil niedrig ist und nach den Ursachen zu forschen.
Ein Stichwort, das in dem Zusammenhang immer wieder fällt, ist die Gender Pay Gap.
Der Begriff beschreibt die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen. Doch eine ungleiche Entlohnung allein verantwortlich zu machen, wäre zu kurz gegriffen. Je nach Berufsgruppe findest Du unterschiedliche Gründe.
IT-Bereich – klassische Männerdomäne im Umbruch
Der Fachkräftemangel im IT-Bereich befindet sich auf einem Rekordniveau. Unternehmen und Organisationen können mehr als hunderttausend IT-Stellen nicht besetzen. Bei einem Frauenanteil von rund 20 Prozent denkst Du sicherlich, dass das kein Wunder ist.
Innerhalb der IT-Berufe entscheiden sich Frauen selten für die überwiegend techniklastigen Bereiche Softwareentwicklung und Datenmanagement und bevorzugen Tätigkeiten mit einem höheren Management-Anteil in der IT-Beratung und im Projektmanagement.
Laut einer Studie des renommierten Branchenverbandes Bitkom verdienen im IT-Bereich tätige Frauen durchschnittlich rund 16 Prozent weniger als Männer. Bewusste und unbewusste Vorurteile in einer typischen Männerdomäne sorgen dafür, dass es Frauen in IT-Bereichen schwerer haben als männliche Kollegen mit vergleichbaren Qualifikationen.
Ein Pluspunkt im IT-Bereich ist, dass die Einkommenslücke im Vergleich zu anderen Berufsgruppen verhältnismäßig gering ist.
Hinzu kommt die starke Verhandlungsposition, in der sich gefragte IT-Fachkräfte befinden. In Kombination mit Faktoren wie Erfahrung und individuellem Know-how lässt sich die Gender Pay Gap im Einzelfall von selbstbewussten Frauen durchaus ausgleichen.
Um den Frauenanteil in der IT nachhaltig zu erhöhen, muss eine konsequente Förderung interessierter Mädchen bereits im Schulalter beginnen.
Spezielle Interessengruppen und Girls Days nur für Schülerinnen helfen, Unsicherheiten, Vorurteile und Zugangsbarrieren abzubauen. Mentorenprogramme während der Ausbildung und des Studiums sorgen dafür, dass Studentinnen bei Schwierigkeiten und Verständnisproblemen nicht aufgeben und auf ein anderes Berufsziel umsatteln.
Erhöht sich der Output an erfolgreichen IT-Absolventinnen, werden sich auch zukünftig immer mehr Frauen für das spannende und zukunftssichere Berufsfeld begeistern lassen.
Handwerksberufe – Jobs mit Zukunft
Nur wenige Frauen entscheiden sich dafür, den Beruf einer Tischlerin, Elektrotechnikerin, Zimmerin, Malerin, Maurerin, Anlagemechanikerin, für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Orthopädietechnik-Mechanikerin oder Mechatronikerin zu ergreifen.
In Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben sind Mädchen noch immer Exotinnen, die mit vielen Vorurteilen zu kämpfen haben. Dabei fehlen im deutschen Handwerk über 70.000 Gesellen und Gesellinnen.
Nur knapp über 10 Prozent der Erwerbstätigen in Handwerksberufen sind weiblich.
Mit Gehaltsunterschieden von durchschnittlich 25 Prozent ist zudem die Gender Pay Gap im Handwerk besonders ausgeprägt. Neben den für alle Branchen gültigen Ursachen wie Betriebsgröße, Arbeitszeiten, Qualifikationen, Position beurteilen v. a. im Handwerk tätige Frauen ihre beruflichen Leistungen schlechter als die Leistungen männlicher Kollegen.
Um die eigene Selbstwahrnehmung zu schärfen und Frauen für handwerkliche Berufe zu interessieren, ist es wichtig, frühzeitig technische, handwerkliche und naturwissenschaftliche Kompetenzen zu stärken.
Jungen Frauen und Mädchen, die Handwerksberufe ergreifen, eröffnen sich durch die Digitalisierung und innovative Technologien – z. B. im Bereich Robotik – neue Möglichkeiten, ihre Stärken einzusetzen und sich kontinuierlich fortzubilden.
Es lohnt sich über den Tellerrand klassischer Vorstellungen hinauszublicken.
In der Pflicht stehen Handwerksverbände, Schulen und Eltern, die Mädchen ein realistisches Bild von den Zukunftschancen im Handwerk vermitteln müssen, um das Verständnis und Interesse zu fördern.
Führung von Verkehrsmitteln – Berufsträume verwirklichen
Ob Bus, U-Bahn oder Flugzeug – geht es um die Führung von Verkehrsmitteln, sind Frauen in der Unterzahl.
Der Anteil weiblicher Pilotinnen liegt im Durchschnitt bei unter sieben Prozent, weiblicher Schienenfahrzeugführer im Durchschnitt bei unter fünf Prozent und weiblicher Busfahrer im Durchschnitt bei rund 20 Prozent.
Dadurch, dass in diesen Berufen die Entlohnung überwiegend nach Tarifverträgen erfolgt, ist die Gender Pay Gap erheblich kleiner.
Vielmehr sind es hohe Arbeitsbelastungen, Schichtdienste sowie lange und zum Teil unregelmäßige Arbeitszeiten, die junge Frauen davon abhalten, Berufe im Bereich der Führung von Verkehrsmitteln zu ergreifen.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt bereits in der Berufswahl eine wichtige Rolle
Fluggesellschaften sowie Bahn- und Verkehrsbetriebe, die ihren Frauenanteil erhöhen wollen, müssen Interessentinnen mit familienfreundlichen Arbeitszeiten locken.
Hinzu kommt der Respekt vor der komplizierten Technik und der Größe der Fahrzeuge. Schnuppertage geben ein Gefühl für die Arbeit in einem echten Cockpit oder machen vertraut mit dem größeren Lenkradius von Busen.
Nur durch eine Erhöhung der Zahlen weiblicher Bewerber lässt sich ein nachhaltiger Strukturwandel herbeiführen.
Eine verpflichtende Erhöhung der Frauenquote ist eine gute Maßnahme, um Unternehmen in Bereichen mit starker Unterrepräsentation weiblicher Fachkräfte zu zwingen, Ihre Bemühungen zu verstärken und konkrete Maßnahmen umzusetzen.
Mädchen, die davon träumen, Stewardess zu werden, können genauso gut davon träumen, im Cockpit zu arbeiten und Pilotin zu werden.