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Stalking – Psychoterror in Beziehungen: Ein Alptraum wird wahr

Artlando Wandbilder

„Du kannst mich jetzt totschlagen, aber …“ Manuela Borzel erzählt von ihrem größten Stalking Albtraum & wie sie diesem ein Ende gesetzt hat.

Dass ich heute noch am Leben bin und mittlerweile ein eigenes Unternehmen gegründet habe, verdanke ich mir selbst. Ich konnte dieser Hölle entfliehen, indem ich einmal meinen ganzen Mut zusammengenommen habe und keine Angst gezeigt habe.

Psychoterror Beziehung

Du hast selber Stalking erlebt. Was bedeutet der Begriff genau?

Offiziell ist der Begriff wie folgt definiert: Stalking ist das willentliche und wiederholte Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht oder beschädigt werden kann.

Stalking wird im deutschen Strafgesetzbuch als Strafbestand der Nachstellung geahndet und ist in vielen Staaten Thema kriminologischer und psychologischer Untersuchungen.

Quelle: Wikipedia 

Wie fing das bei dir mit dem Nachstellen an? Hat dein Ex-Partner schon am Anfang der Beziehung gestalkt?

Nein, der Anfang war eigentlich wunderschön. Ich hatte gerade meine Scheidung hinter mir und stand mit 24 Jahren auf einmal wieder alleine da.

Die Wochenenden bin ich dann oft zu Live-Band-Auftritten gegangen. Um zu tanzen, Leute kennenzulernen und Musik zu hören.

An einem Samstag habe ich dann Mr. X kennengelernt. Er flirtete sehr direkt und wir haben viel gelacht.

Wie ging das dann weiter?

Wir haben uns mehrfach zum Tanzen verabredet. Er hatte immer ein paar Freunde dabei und zeigte sehr gerne, dass er mich sehr mag. Das erste Problem gab es dann, als wir uns zum ersten Mal alleine treffen wollten.

Da druckste er sehr rum, bis er mir erzählte, er ist verheiratet. Aber seine Ehe sei schon seit Jahren kaputt.

Und du hast das geglaubt mit der kaputten Ehe?

Ich war total entsetzt. Wir hatten uns ja schon ein paar mal getroffen und es war dann schon ein Gefühl von tiefer Zuneigung entstanden.

Also sagte ich ihm dann, dass ich das nicht kann. Ich kann mich nicht mit ihm treffen, wenn ich weiß, zu Hause wartet seine Frau auf ihn. Und damit fing der Horror an.

Schleichend, stärker werdend.

Mr. X rief mich ununterbrochen an. Beteuerte mir, er habe mit mir seine absolute Traumfrau gefunden. Ohne mich könne er nicht mehr leben. Da hätte ich schon hellhörig werden müssen. Das waren die ersten Manipulationen. Das war Druck aufbauen. Ich hielt es für echte Liebe…

Und so traf ich mich dann doch mit ihm. Von diesem Tag an sah er mich als seinen Besitz an. Er hatte südländisches Temperament und er war krankhaft eifersüchtig.

Ständig rief er jetzt bei mir an. Was ich gerade tue, wo ich bin. Wenn ich mich mit Freundinnen treffen wollte, hatte er spontan Zeit und ich musste absagen.

Ich fühlte mich nicht mehr wohl und wollte mich trennen. Damit fing die schlimmste Zeit meines Lebens an. Er drohte:

  • Er bringt sich dann um.
  • Er fährt mit seinem Kind im Auto gegen einen Baum.
  • Er tut seiner Frau etwas an.

Ich gab wieder nach. Bis zum nächsten Trennungsversuch. Er drohte wieder:

  • Er tut meiner Mutter etwas an.
  • Er erzählt meinem Umfeld, dass ich lüge.

Er lauerte mir überall auf. Stand vor der Arbeit vor meiner Tür, nach der Arbeit vor meiner Arbeitsstelle.

Wie hast du dich gefühlt?

Manuela Borzel die folgen von stalking

Ich hatte Angst. Ich geriet in einen Teufelskreis. Ich wollte keine solche Beziehung. Jedes Mal, wenn ich wieder nachgegeben habe, ging es mir schlecht. Aber ich hatte erstmal wieder Ruhe.

Es sollte noch schlimmer kommen.

Eines Tages gab es mal wieder einen Streit. Und dieses Mal schlug er zu. Ich war wie gelähmt. Ich konnte es nicht fassen und konnte nicht reagieren. Versteinert stand ich da und konnte erst später weinen.

Er selbst war auch erschrocken. Jetzt weinte er. Entschuldigte sich zig male, sagte, es war ein Ausrutscher. Das wird nie wieder passieren, versprach er mir…

Und ich habe es geglaubt…

Eine ganze Zeit lang ging es gut. Dann fing er an, bei meinen Freundinnen hintenrum Geschichten zu erzählen. Die hielten dann alle zu IHM.

Wenn ich dann etwas erzählte, wurden mir dann Ratschläge erteilt, wie ich etwas zur Versöhnung beitragen kann.

Er bestimmte mittlerweile mein ganzes Leben. Ich durfte bei ihm in der Kneipe, die er gepachtet hatte, mithelfen. So hatte er mich unter Kontrolle.

Wenn die Gäste weg waren, gab es Liebe oder Hiebe. Mehrere Male bin ich heulend nach Hause gefahren, ihn mit seinem Auto im Genick. Wenn ich es in meine Wohnung geschafft habe, hat er so lange vor dem Haus randaliert, bis ich öffnete.

Es wurden Steine an mein Fenster geschmissen, Sturm geklingelt, herumgebrüllt.

Wenn ich nicht aufgemacht habe, fuhr er manchmal wutentbrannt nach Hause und hat die ganze Nacht das Telefon klingeln lassen. Dieser Schlafentzug war grausam.

Am nächsten Morgen zur Arbeit fahren war manchmal nicht mehr möglich gewesen.

Wenn ich aufgemacht habe, gab es oft ellenlange Gespräche, in denen er dann Besserung versprach. Und um endlich schlafen zu können, gab ich wieder nach.

Was hat das mit dir gemacht?

Ich war kein Mensch mehr. Und egal, wen ich von meinen Freundinnen um Hilfe gebeten habe, richtig helfen konnte niemand. Wenn so eine Grenze mal überschritten worden ist, dann wiederholt sich das Ganze in immer kürzeren Abständen.

Im Laufe der Zeit hatte ich gebrochene Rippen, einen ausgeschlagenen Schneidezahn, unzählige blaue Flecken und tiefste seelische Verletzungen.

Die schlimmste Situation war für mich, als er mal zwei Stunden auf mir kniete, mir ein Messer an die Kehle gehalten hat und mir drohte, mich umzubringen.

Als mein Bruder genau da angerufen hat, konnte ich ans Telefon, weil ich gesagt habe, wenn ich mich nicht melde, schickt er die Polizei. Die schickte er auch, als er meine Stimme gehört hatte. Die kamen, haben ihn aus der Wohnung geholt und ihn vor die Tür gebracht.

Ich stellte Strafanzeige.

Diese zog ich dann wieder zurück, nachdem mir meine Freundin gesagt hatte, ich darf sein Leben nicht zerstören.

Wie hast du das mit dem Stalking durch Ex-Partner beenden können?

Mit Mut Stalking beenden

Ich habe über die Meisterschule meinen jetzigen Mann kennengelernt. Mir wurde immer klarer, was ich für mein Leben will – und was nicht mehr.

Ich wurde natürlich gerade jetzt verstärkt bedroht und verfolgt.

Dann fing er mich eines Tages vor meiner Haustür ab. Ich habe das Auto gesehen und gewusst, ich will das nicht mehr. Ich bin auf ihn zugegangen und habe gar nicht abgewartet, was er sagen wollte.

Ich sagte: „Du kannst mich jetzt totschlagen, aber du wirst mir nicht meinen Freund aus dem Kopf schlagen.“ Ich kannte mich selbst nicht mehr in diesem Moment.

Ich stand da wie eine Löwin. Die ganze Angst in Mut umgewandelt. Damit hatte er nicht gerechnet. Er ging zum Auto und fuhr weg. Ich habe ihn danach nie wieder gesehen.

Das Ganze ist jetzt fast 30 Jahre her und heute kann ich aus der Metaebene darauf zurückschauen.

Was empfiehlst du unseren Leserinnen, die ebenfalls von Stalking und Psychoterror durch Ex-Partner betroffen sind?

Niemand hat das Recht, über einen anderen Menschen Macht auszuüben.

Wenn du merkst, dass deine Beziehung nicht im Gleichgewicht ist, was geben und nehmen angeht, dann notiere dir ruhig mal, was die Woche über alles war.

Wenn dir bewusst wird, dass dein Partner dich nur ausnutzt, schlecht behandelt oder sogar schlägt, musst DU eine Entscheidung treffen.

AUSHARREN ODER GEHEN

Du musst noch nicht wissen, wie es weiter geht. Aber diese Entscheidung muss stehen. Und suche die Fehler nicht bei dir!

Ein erwachsener Mann, der mit sich im Reinen ist, übt keine Macht und keine Gewalt auf andere Menschen aus.

Wo können unsere Leserinnen Hilfe bekommen, wenn sie in einer ähnliche Stalking Situation sind?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Wir bei Mobbingfrei sind Ansprechpartner.

Milos Rakic ist Verhaltensprofiler und kann erkennen, welcher Persönlichkeitsbild hinter dem Verhalten liegt. Und wie man dann handeln kann.

Es gibt überall Frauenhäuser, die man bei Gewalt auch nutzen sollte. Eine Strafanzeige bei der Polizei aufgeben. Eine einstweilige Verfügung erstellen lassen.

Dem Arzt erzählen, woher die Verletzungen kommen. Tagebuch führen, mit Tätlichkeiten. Sprachnachrichten und Messenger Nachrichten sichern. Fotos machen von Beschattung, Zerstörungen…

Welche Tipps hast du noch für unsere Leserinnen, die gestalkt werden?

  • Hole dir schon bei den ersten Anzeichen Hilfe.
  • Entschuldige sein Verhalten nicht.
  • Auch wenn Kinder da sind, gibt es Wege, sich zu trennen.
  • Verschweige die Vorfälle nicht aus Scham.
  • Male dir das Leben aus, dass du wirklich leben willst.

Du hast nur ein Leben – also LEBE ES.

Was ist Gaslighting?

Jemanden unter Druck zu setzen, bedeutet, die Saat des Zweifels in seinen Verstand zu pflanzen und ihn dazu zu bringen, das zu hinterfragen, was er sieht und glaubt.

Es ist eine Taktik, die von denjenigen angewandt wird, der dich nervös machen will, sodass alles fragwürdig erscheint
Es kann proaktiv oder reaktiv sein – in jedem Fall mit Absicht!

Woher statt der Begriff Gaslighting?

Die Technik des Gaslighting besteht darin, dass jemand das verändert, woran man sich erinnert oder wie man sich fühlt.

Sie tun dies, indem sie ihre Handlungen verleugnen und Lügen über sich selbst erzählen, sodass das Opfer anfängt, an sich selbst zu zweifeln – was dann alles kontrolliert, was sie denken/fühlen, denn so oder so kann sie nichts mehr wirklich verletzen…richtig?

Das Wort „Gaslight“ stammt aus dem Film „I Remember Mama“, in dem eine alte Frau sich mit Spielkarten tröstet, die sie aus glücklicheren Zeiten aufbewahrt hat, bevor sie ihren Mann vor über 25 Jahren bei der Geburt verlor.

Jedes Gesicht, das auf seine eigene kleine quadratische Fläche gedreht wurde, schien Beweis genug gegen jede wiederkehrende Hoffnung zu sein, bis schließlich ein Spieler zwei Hände hochhielt, die sich genau in drei Abständen zwischen vier Fingern trafen und damit Zustimmung signalisierten

Über die Verfasserin

Manuela Borzel Mobbingfrei

Manuela Borzel ist Geschäftsführerin bei Mobbingfrei. Sie bietet die Revolution für emphatische und nachhaltig mobbingfreie Unternehmen.

Manuela hilft Menschen, die Mobbing, Bossing, Cybermobbing oder Stalking erlebt haben.

 

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