Employer Branding (EB) ist, entgegen landläufiger Meinung, bei weitem nicht nur für Grosskonzerne geeignet. Seit Beginn des „war for talents“ Ende der Neunzigerjahre ist die eindeutige Positionierung durch Bildung einer positiven Arbeitgebermarke auch für kleine und mittelständische Unternehmen unverzichtbar geworden.
Ich verrate dir, was Employer Branding bringt, wie du es umsetzt und was die besten Marketing-Konzepte zu billigem Glamour-Branding verkommen lässt.
Dank ausgefeilter Werbung und einer stabilen Marke mangelt es deinem Unternehmen nicht an BewerberInnen, um Vakanzen zu besetzen. Doch irgendwo an der Schnittstelle zwischen Active Sourcing und Einstellung hapert es.
Trotz sorgfältiger Stellenbeschreibung gelingt es dem Unternehmen nicht, genau die MitarbeiterInnen für sich zu gewinnen, die passen. Das kommt dir bekannt vor?
EB ist ein bisschen wie Kanzler werden:
Alle wollen es, keiner kann es. Jedenfalls nicht so, dass es über verzweifeltes Glamour-Branding hinausginge. Halbherzigkeit und Kompromisse ziehen sich durch alle Bereiche des Arbeitgebermarketings. Paradebeispiel sind die einfallslosen und vernachlässigten Copy-and-Paste Karrierewebseiten vieler Unternehmen.
Meist gleichen sie sich wie ein Ei dem anderen und sind weit davon entfernt, mögliche Alleinstellungsmerkmale oder den Mehrwert des Arbeitgebers hervorzuheben.
Was ist Employer Branding?
Employer Branding bezeichnet als Methode des Arbeitgebermarketings die interne wie externe Positionierung und Entwicklung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber, basierend auf der Corporate Identity.
Das Branding umfasst die Analyse, Planung und Implementierung einer Employer Branding (EB) Strategie, die Durchführung der jeweiligen Marketing-Massnahmen sowie die Evaluation und Anpassung.
Was zunächst etwas hochtrabend und shiny klingen mag, macht bei näherem Hinsehen durchaus Sinn – auch für kleine und mittlere Unternehmen.
Wie unterscheiden sich Arbeitgebermarketing und klassisches Personalmarketing?
Bis Mitte der Neunzigerjahre war das rein operative, klassische Personalmarketing üblich. Der Arbeitgeber befand sich in der privilegierten Position des Auswählenden. Zudem besaß er das Informationsmonopol: Er wusste fast alles über KandidatInnen, während diesen kaum etwas über das Unternehmen bekannt war.
Der aufkommende Fachkräftemangel in Verbindung mit der Digitalisierung und dem demographischen Wandel sorgte jedoch für veränderte Grundbedingungen.
Inzwischen hat sich die Gewichtung verschoben und gänzlich andere Faktoren als damals beeinflussen die Entscheidung potenzieller ArbeitnehmerInnen für oder gegen ein Unternehmen.
Der Entscheidungsprozess hat sich zugunsten der Talente verändert und ist aus Unternehmenssicht um eine strategische Dimension erweitert worden. Als Folge sind Unternehmen mit schwacher Identität oder gar negativem Arbeitgeberimage schlechter aufgestellt und haben es im Recruitingprozess schwer.
Während das Personalmarketing sich handlungsorientierter Massnahmen bedient, um passende Talente zu finden, setzt das Arbeitgebermarketing früher an.
Durch Markenbildungsstrategie soll das Unternehmen als verantwortungsbewusst und attraktiv am Markt platziert werden. So finden Unternehmen und passende MitarbeiterInnen zusammen.
Warum müssen Corporate Identity und Arbeitgebermarke kohärent sein?
Die Auswirkungen von Corporate Identity und Arbeitgebermarke sind wechselseitig. Eine negative oder mangelnde öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens wird dazu führen, dass die entsprechenden Talente lieber für die Konkurrenz arbeiten möchten.
Umgekehrt färbt ein negatives Arbeitgeberimage auch auf die allgemeine Attraktivität des Unternehmens ab.
Hier sei der Versandriese Amazon genannt, welcher durch Knebelverträge, ausbeuterisches Verhalten und Nötigung in die Schlagzeilen geriet. Mit dieser Diskrepanz gingen nennenswerte Umsatzeinbussen sowie verlorene Kunden einher, auf die Amazon mit gezielten (Glamour-)Employer Branding Kampagnen reagierte.
Was ist die Employee Journey?
Die Employee Journey, auch Candidate Journey, bezeichnet – ähnlich wie die Customer Journey von KundInnen – alle Berührungspunkte zwischen Unternehmen und Talenten.
Wie nehmen Mitarbeitende das Unternehmen auf unterschiedlichen Abschnitten ihrer Laufbahn wahr? Diesen Eindruck werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach aussen vertreten.
Die Touchpoints bilden die Reise der Angestellten durch das Unternehmen, vom Onboarding bis zum Austritt. Je nach Berührungspunkt eignen sich spezifische Massnahmen, um aktiv positive Erfahrungen zu generieren.
Wichtig ist, dass die Planung und Beurteilung von Massnahmen stets aus BewerberInnensicht erfolgt. Dazu eignet sich das Employee Journey Mapping, welches alle Touchpoints einschliesslich relevanter Faktoren im Detail definiert; beispielsweise die einzubindenden Personen.
Dabei werden folgende Touchpoints angenommen:
- Entscheidungsfindung
- Einstand
- Zusammenarbeit
- Verabschiedung
- die Zeit vor der Entscheidungsfindung und nach dem Firmenaustritt
Was sind die internen und externen Ziele von Arbeitgebermarketing: Employer Branding Maßnahmen
Das Arbeitgebermarketing zielt extern auf eine Steigerung der Effizienz im Recruiting ab. Durch geeignete Massnahmen möchte man spezifische Zielgruppen im Bewerberpool möglichst frühzeitig durch die Bildung einer positiven Arbeitgebermarke ansprechen.
So entsteht im Idealfall ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Arbeitgebern.
Durch die gezielte Ansprache soll zudem eine qualitative Steigerung der BewerberInnen erreicht werden; unerwünschte Zielgruppen werden ausgesiebt. Dabei können dich Personas und Anti-Personas unterstützen, auf welche die Massnahmen passgenau zugeschnitten werden.
Grundsätzlich sollten deine Massnahmen möglichst alle zeitlichen und räumlichen Touchpoints der Employee Journey abdecken.
Auf interner Ebene unterstützt ein cleveres EB Angestellte dabei, ihr persönliches Potenzial auf ganzer Linie zu entfalten. Durch individuelle Entwicklungsmöglichkeiten steigt die Identifikation von ArbeitnehmerInnen mit dem eigenen Unternehmen.
Dies wirkt sich positiv auf ihre Leistungsfähigkeit und Effizienz, aber auch auf die Mitarbeiterloyalität aus. Die Mitarbeiterfluktuation wird verringert.
Kurz und knapp: Internes EB bildet die interne Arbeitgebermarke, während externes EB sich auf die Ausrichtung der Arbeitgebermarke am Arbeitsmarkt konzentriert.
Employer Branding Prozess in 6 Schritten
Ein konsistentes Employer Branding ist authentisch, ehrlich und transparent. Es vermittelt glaubhaft die Werte des Unternehmens nach innen und aussen. Für eine effiziente Umsetzung eignet sich die Implementierung des EB Prozesses in 6 Schritten:
- Analyse und Planung der Strategie
- Branding bzw. Markenkommunikation
- Erstellung der Content-Strategie
- Recruiting
- Retention
- Separation
Je nach Schritt eignen sich verschiedene Vorgehensweisen, welche dem besonderen Zweck der Branding-Phase angepasst sind.
Wie kann ich die Employer Value Proposition definieren?
Die Employer Value Proposition (EVP) bezeichnet dein Alleinstellungsmerkmal als Arbeitgeber. Sie spiegelt eure Unternehmenskultur wider.
Was macht dein Unternehmen einzigartig? Was besitzt ihr, was die Konkurrenz nicht hat? Wofür steht ihr? Was schätzen deine Mitarbeiter am Unternehmen? Welchen Nutzen haben Angestellte, die neu in deinem Unternehmen anfangen?
Die EVP sind zugleich auch ein Werteversprechen, welches du BewerberInnen gegenüber machst, zum Beispiel flexible Arbeitszeit.
Sinnvoll ist, zunächst eine übergeordnete, allgemeine EVP zu definieren. Sie trifft auf alle potenziellen Bewerber zu, auf die du nicht verzichten möchtest. Eine allgemeine EVP können beispielsweise Arbeitszeitmodelle sein.
Erst im Anschluss definiert man weitere EVP, welche auf spezielle Mitarbeitergruppen zugeschnitten sind.
In manchen Fällen eignet sich die Erstellung von BewerberInnen-Personas. Dank ihnen kannst du individuelle Strategien zur zielgerichteten Ansprache entwickeln. Das ist sinnvoll, da beispielsweise die auf dem Land wohnende Kandidatin mit drei Kindern im schulpflichtigen Alter völlig andere EVP bevorzugt, als der kinderlose Best-Ager aus der Grossstadt.
Allerdings will der Einsatz von Candidate Personas gut überlegt sein. Du grenzt die Anzahl möglicher KandidatInnen von Anfang an ein, wodurch dir möglicherweise wertvolle Talente durchs Netz gehen.
Umgekehrt nutzen Firmen wie comspace Personas, um gezielt fähige Studienabbrecher der IT als Software-Ingenieure zu gewinnen.
Du möchtest immer nur die zu deinem Unternehmen passenden Talente ansprechen? Worauf legen deine potenziellen BewerberInnen wert und was kannst du ihnen bieten?
Wie funktioniert die Marken-Kommunikation?
In einem zweiten Schritt geht es darum, die erarbeiteten EVPs am geeigneten Ort der jeweiligen Zielgruppe zu kommunizieren. Dazu hat sich in der Praxis die Erstellung eines Kommunikationsplans bewährt.
Wo ist deine spezifische Zielgruppe am besten anzutreffen? Was für Ansprachen bevorzugt sie? Welche Touchpoints kannst du aktiv gestalten? Welche EVP möchtest du vermitteln?
Dazu eignen sich:
- Karriereseiten und Blogs der Internetpräsenz sowie das Intranet
- Social-Media-Kanäle und Business-Netzwerke wie LinkedIn
- Online Medien
- Newsletter
- Mitarbeiter als Markenbotschafter
- Events wie Karrieremessen, Webinare
soziale Projekte und Volunteering-Massnahmen
Achte bei der Ausformulierung der Botschaften darauf, dass sie eindeutig wahrgenommen werden, leicht verständlich sind und das Unternehmen als Absender klar erkennbar ist.
Im Idealfall führst du vor dem Verfassen eine Themen- und Keywordrecherche durch.
Durch die semantische Sammlung fällt es leichter, einprägsame Slogans und Kernbotschaften zu formulieren. Bei der Wortwahl ist weniger die Entscheidung für glamouröse Begriffe ausschlaggebend, als vielmehr ein konsistentes, zum Unternehmen passendes Vokabular, welches zur Etablierung einer vertrauensvollen und authentischen Beziehung passt.
Starke Karriereseite
Eine starke Karriereseite ist wie eine schöne Frau: Sie braucht Ausstrahlung.
Nur wenig wirkt nichtssagender als die achtlose Zusammenfassung von Anfahrt zum Standort und das Impressum. In deinem Unternehmen steht das Miteinander an erster Stelle?
Dann gestalte diesen Touchpoint mit vielfältigen Materialien wie Fotos vom gemeinsamen Sportkurs, Videos von Highlights der Region, Tutorials, Whitepapers, persönlichen Geschichten von Markenbotschaftern, Rückblicken auf vergangene Projekte und dem Eventkalender des Unternehmens.
So gewährst du potenziellen KollegInnen tiefe und authentische Insights, die sich von denen der Mitbewerber abheben. Direkte und ehrliche Inhalte vermitteln KandidatInnen einen realen Eindruck der Firmenkultur.
Dies verringert die Wahrscheinlichkeit falscher Erwartungen auf BewerberInnenseite.
Was braucht die passende Content-Strategie?
Die passende Content-Strategie hält man am besten in einem Redaktionsplan fest. Er definiert, welche Inhalte, zu welchem Zeitpunkt, auf welchen Kanälen und in welcher Häufigkeit verbreitet werden. Also einfach alles.
Welchen Content benötigst du? Welche Medien und Kanäle möchtest du verwenden? Kommen eher multimediale oder geschriebene Inhalte an? Mit welchen Kernbotschaften erreichst du deine jeweiligen Zielgruppen?
Nur einige der vielfältigen Möglichkeiten wie Mitarbeiterinterviews, Image-Videos (keine over the top Produktionen), Whitepaper, … eignen sich, um der jeweiligen Zielgruppe die EVPs zu kommunizieren. Wähle zudem relevante KPIs aus, welche sich zur Kontrolle der Massnahmen eignen.
Wichtig ist die regelmässige Diffusion von möglichst breitem Content. Die Recherche in Foren, Arbeitgeberbewertungsportalen und unter der aktuellen Belegschaft kann dir helfen, Trends frühzeitig auszumachen.
So kannst du zeitnah durch Anpassung deiner Contents auf bestimmte Entwicklungen am Arbeitsmarkt reagieren. Bei der Erstellung des Contents solltest du für gute Rankings und somit eine hohe Reichweite auf SEO-Optimierung achten.
Königsdisziplin Stellenanzeigen
Die strategische Formulierung von Stellenanzeigen gehört zu den Königsdisziplinen. Je nach Struktur, Inhalt, EVP und sprachlichem Stil sprichst du völlig unterschiedliche Talente an (und schreckst andere ab).
Treffen die geforderten Qualifikationen auf eine breite Masse zu? Oder möchtest du durch die Definition eines absolut unrealistischen Kandidaten ausschliesslich besonders kreative und leistungsbereite MitarbeiterInnen gewinnen?
Je spezifischer Kriterien und Ansprache sind, desto höher ist die Anzahl ausgesiebter Personen.
Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht? Beginne mit der Erstellung einer Anti-Persona. Sie zeichnet typische BewerberInnen, die du explizit nicht erreichen möchtest.
MarkenbotschafterInnen und Storytelling
Eigene Angestellte können dein Unternehmen als MarkenbotschafterInnen durch ihre persönliche Erfolgsgeschichte unterstützen. Immer deutlicher zeichnet sich die Tendenz zu firmeninternen MarketingträgerInnen ab, statt wie bisher üblich auf externe Influencer zu setzen.
Insbesondere in Verbindung mit lebhaftem Storytelling bieten die Geschichten von Mitarbeitern enormes Identifizierungspotenzial und wirken zugleich authentischer.
Ein fiktives Beispiel wäre dieses Markenbotschafter-Video: Nina, 36, weibliche Führungskraft, berichtet über die erleichterte Organisation ihres privaten und beruflichen Alltags dank der firmeninternen Kinder- und Hausaufgabenbetreuung.
Kleinere Unternehmen können aus Gründen der besseren Realisierbarkeit beispielsweise die Kosten für Nachhilfestunden übernehmen. Die persönliche Erfahrung fungiert als Beweis für die EVP.
Wie im Sales-Bereich auch sollte der Content sich durch entsprechenden Mehrwert für die jeweilige Zielgruppe auszeichnen. Bevor es zu einem Kauf, respektive einer Einstellung kommt, steht zunächst die Etablierung eines stabilen Vertrauensverhältnisses an.
Mit Tools wie Google Analytics kannst du unkompliziert relevante Schlüsselworte und Themenfelder recherchieren, welche deine Zielgruppe betreffen und deine EVP in spezifischen Content einbetten.
Ein Unternehmen, welches seine Mitarbeiter unterstützt, wirkt um ein Vielfaches glaubhafter, wenn die Karriereseite hilfreiche Anleitungen und Features beinhaltet.
Um die Qualität deiner Content-Strategie zu sichern, solltest du vor der Implementierung prüfen, ob sie sich für den gewünschten Zweck eignet. Möchtest du einen konkreten BewerberInnenbedarf decken, so werden Arbeitsumfeldverbesserungen nur wenig bewirken.
Umgekehrt wird sich die Produktivität nicht steigern lassen, indem die Arbeitgebermarkenbildung intensiviert wird.
Entscheidend ist die Ausgewogenheit interner und externer Massnahmen, welche schlussendlich zu einem ganzheitlichen und stringenten Konzept verschmelzen. Die zuvor festgelegten KPIs helfen dir, die Ergebnisse nach der Durchführung zu kontrollieren.
Wie läuft das Recruiting ab?
Damit EB und Recruiting-Massnahmen harmonieren, müssen Marketing und HR optimal aufeinander abgestimmt sein. Eignen sich klassische Stellenanzeigen in Jobportalen oder sind potenzielle KandidatInnen besser über Social Ads zu akquirieren?
In welchem Umkreis möchtest du Interessierte ansprechen?
Der geografische Umkreis des Bewerberpools lässt sich einfach erweitern, indem das Unternehmen potenziellen Angestellten Unterstützung beim Umzug anbietet. Laut Statistik sind 56 % aller ArbeitnehmerInnen bereit, für einen Jobwechsel innerhalb des eigenen Landes umzuziehen.
Auch die Anforderungen an künftige Angestellte solltest du sorgfältig evaluieren. Was müssen BewerberInnen mitbringen? Was ist nice to have, was optional? So schliesst du nicht von vornherein durch zu strenge Kriterien qualifizierte Talente vom Bewerbungsprozess aus.
Im Bewerbergespräch eignet sich ein semistrukturiertes Interview besser als die rigide Umsetzung, welche zwangsläufig manchen BewerberInnen einen Vorteil verschafft.
Retention: Stiefkind Mitarbeiterbindung
Das Recruiting ist vollbracht, doch auch danach solltest du kontinuierlich am Arbeitgeber-Image arbeiten und Prozesse kritisch hinterfragen, um die Mitarbeiterbindung zu optimieren.
Welche Aspekte tragen zu Mitarbeiterzufriedenheit und positiver Wertschöpfung bei? Welche Abläufe sind obsolet oder gar kontraproduktiv?
Indem du möglichst viele positive Anreize schaffst, findest du nicht nur die richtigen Talente, sondern bindest sie auch langfristig an das Unternehmen. Suche den Dialog und erkundige dich, was ihnen gefällt oder wo sie Verbesserungsbedarf sehen.
Was braucht es aus ihrer Sicht für eine optimale Arbeitsumgebung? Was steht effizientem Arbeiten im Wege? Wünschen sich Angestellte mehr Miteinander?
Um solche und ähnliche Fragen zu beantworten, eignen sich Mitarbeiter-Interviews; idealerweise von solchen, die vor kurzem einen konkreten Touchpoint erlebt haben.
Oft genügt es bereits an kleinen Stellschrauben zu drehen, um wesentliche Verbesserungen in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität zu erreichen.
Separation: schmerzlose Trennung
Ein essenzieller, jedoch oftmals sträflich vernachlässigter Punkt ist der Firmenausstieg.
Werden die MitarbeiterInnen auch bei der Trennung wertgeschätzt? Wurden sie befragt und der Prozess gut begleitet?
Optimalerweise reiht sich der letzte Touchpoint in die Serie der anderen positiven Erfahrungen ein. Schliesslich sind sie diejenigen, die hauptsächlich über die Firma sprechen.
Markenverantwortung und DEI-Faktoren
Der einstige Fokus auf Markenqualität hat sich zugunsten ganzheitlicherer Betrachtungsweisen verändert. Markenverantwortung wird von einer steigenden Kundenanzahl und potenziellen MitarbeiterInnen vorausgesetzt.
Ein gutes Beispiel sind Fairtrade-Produkte, faire Arbeitsbedingungen oder das Engagement bezüglich Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Statistiken belegen, dass vor allem Frauen in Führungspositionen Wert auf DEI-Faktoren legen.
DEI-Faktoren bezeichnen die Bemühungen in den Bereichen Diversity, Equity und Inclusion. Diversity bezeichnet die heterogene Zusammensetzung der Belegschaft. Mitarbeiter aller Altersgruppen, Geschlechter(identitäten), Ethnien, Religionen und Menschen mit Einschränkungen sind vertreten.
Equity ist die faire und gleiche Behandlung aller in den Bereichen Einstellung, Entlohnung und Fortbildung.
Inklusion sichert, dass jede(r) Einzelne sich zugehörig fühlt. Alle Ansichten und Perspektiven sollen in der Gestaltung von Prozessen berücksichtigt werden. Jede(r) soll ermutigt werden, sich einzubringen.
- 86 % der ArbeitnehmerInnen berücksichtigen den Ruf des Unternehmens bezüglich der DEI-Faktoren.
- 70 % der potenziellen Angestellten erwarten Transparenz in der Durchführung von DEI-Massnahmen und deren Ergebnissen.
- 62 % der Talente würden ein Jobangebot ablehnen, wenn die DEI-Faktoren nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen.
Best Practice DEI-Faktoren
Ein Best Practice für die Umsetzung von DEI-Faktoren im EB ist die Community gilswhocode.com. Das Nischennetzwerk wurde von 21 Partnerunternehmen (darunter Walmart und AT&T) ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Kompetenzen und Entwicklung von Frauen zu stärken.
Gleichzeitig ist der Pool potenzieller Bewerberinnen eine wertvolle Ressource für das Recruiting späterer Software-Ingenieurinnen.
Unilever erreichte durch die Möglichkeit des Jobsharings eine 50%ige Quote weiblicher Führungskräfte. Speziell weibliche Talente gewinnt man unter anderem durch Flexibilität in den Arbeitszeitmodellen und / oder Home-Office-Option.
Weitere konkrete Massnahmen zur Arbeitgebermarkenbildung
Arbeitgebermarkenbildung ist vielmehr eine Philosophie, als ein Konvolut von Massnahmen. Auch KMU können mit begrenzten Ressourcen erfolgreiche Arbeitgebermarken bilden.
- Feedback-Kultur, auch bei ehemaligen Mitarbeitern
- Content mit Fotos und Videos untermalen bietet wertvolle Insights.
- Karriereseite zum Fundus an nützlichen Informationen machen (beispielsweise die Vorzüge der Region schmackhaft machen)
- Lokales Engagement wie Sponsoring von Sportvereinen erhöht die Reichweite.
- Intranet, welches den Austausch anregt, evtl. verknüpft mit öffentlichem Forum zu Philosophie und Produkten
- Benefits für die MitarbeiterInnen wie Teamevents oder Weiterbildungsmöglichkeiten
- Programme zur Karriereentwicklung, individuelle Karrierepläne, Mentoring-Programme
- proaktiver Umgang mit Kritik
BewerberInnen sollten wertgeschätzt und ähnlich wie Kunden behandelt werden.
Was ist Glamour-Branding?
Der Grad zwischen glamourösem Branding und Glamour-Branding ist ein schmaler.
Von Glamour-Branding spriche ich, wenn internes und externes EB nicht übereinstimmen. Das ist gegeben, wenn nach aussen etwas anderes kommuniziert wird, als es intern praktiziert wird.
Dann handelt es sich um reine Image-Kampagnen in Form von Glamour-Branding, deren mangelnde Authentizität auf Dauer nicht von Erfolg gekrönt ist. Mehr Schein als Sein, die Ermangelung einer klaren Positionierung, intransparente EVP oder inkonsistentes Branding nach innen und aussen sind die häufigsten Fehler.
Dies ist auch der Grund für die Trendwende weg von Influencern und hin zu unternehmenseigenen Markenbotschaftern. Sie vermitteln anhand ihrer persönlichen Entwicklung glaubhaft und anfassbar die EVP.
Storytelling mit Schlüsselworten in prägnanter, zielgruppengerechter Sprache spricht RezipientInnen auf emotionaler Ebene an.
Kein reines Glamour-Branding betreibst du, wenn es dir gelingt, das Prinzip der Kundenzentriertheit auf deine Arbeitgebermarkenbildung zu übertragen.
Employer Branding Fazit:
Kleine und mittlere Unternehmen brauchen den Vergleich mit Grosskonzernen keineswegs zu fürchten. Erfolgreiches Arbeitgebermarketing hängt mit der Wertschätzung zusammen, welche das Unternehmen Angestellten entgegenbringen. Wie diese Massnahmen sich konkret gestalten, ist zweitrangig.
Die Etablierung einer positiven Arbeitgebermarke ist somit nicht nur etwas für Konzerne, sondern auch für Start-ups, Familienbetriebe und Mittelständler unverzichtbar.
Auch die „Grossen“ sind noch lange nicht up-to-date. Laut Monster Themenspecial (aus Recruiting Trends 2020) messen z.B. nur etwa 25 % der Top 1000 Unternehmen in Deutschland ihre Ergebnisse objektiv und reliabel.
Grund genug, auch als KMU durchzustarten und sich ein Stück vom Kuchen zu sichern.
Über die Verfasserin
Inés Constantin Kleven ist Employer Branding Expertin und Karriere Coach. Sie deckt beide Seiten derselben Medaille ab:
Einerseits unterstützt sie Unternehmen dabei zur starken Arbeitgebermarke zu werden, indem passende Bewerber und Bewerberinnen sowie qualifizierte Mitarbeitende magnetisch angezogen werden und das ganz ehrlich, ohne jegliches shiny Branding (#stopglamourbranding).
Andererseits hilft sie Menschen dabei, ihre Karriereziele zu verwirklichen und zwar so, dass es in ihr Lebenskonzept passt. Inés ist #Possibilistin und verbindet Know-how, Erfahrung und Kompetenz mit Persönlichkeit und Humor.
Literatur:
- In 5 Schritten zur Employer Value Proposition
- Employer Branding: So setzen Sie es richtig um
- Kontext Marke: Schnittstellen & Abgrenzungen
- Employer Branding für KMU