Beziehung

Finde heraus, ob du in einer toxischen Beziehung bist – und wie du sie beendest

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Wie so viele Begriffe, wird auch das Wort “toxisch” im Augenblick häufig gebraucht. Toxic Masculinity, toxische Beziehungen, toxische Menschen – das sind Formulierungen, die man fast überall finden kann. Aber worum geht es dabei wirklich? Und was ist, wenn man so einer toxischen Beziehung ausgesetzt ist? Wie geht man damit um?

Definition: Was bedeutet “toxische Beziehung”?

Früher nannte man das “unglückliche Beziehung”, das Phänomen einer toxischen Beziehung ist aber nicht neu. Und zwar wird mit dem Begriff eine Beziehung beschrieben, die einem oder beiden Beteiligten schadet.

Nicht nur Partnerbeziehungen können toxisch sein. Man kann auch toxischen Kontakt zu Freunden oder Verwandten haben, und auch mit dem eigenen Job.

Es gibt auch Beziehungen, die jahrelang harmonisch verlaufen und dann “kippen”. Alle toxischen Beziehungen haben eines gemeinsam: Es gibt von allem zu viel. Zu viel Zorn, zu viel Liebe, zu viel Drama. Daher auch der Begriff toxisch.

In diesem Artikel erfährst du, woran du eine toxische Beziehung erkennst und was du dagegen tun kannst.

Merkmale & Checkliste: 10 typische Anzeichen einer toxischen Beziehung 

Merkmale einer toxischen Beziehung

Checkliste: Toxische Beziehung

  1. Am Anfang ist es voll dein Ding
  2. Es gibt einen Moment, wo die Beziehung “kippt”
  3. Extreme Stimmungsschwankungen
  4. Vorwürfe und Guilt Tripping
  5. Gaslighting
  6. Du bist nie alleine – vor allem nicht, wenn du es willst
  7. Drohungen und Abwertungen
  8. Soziale Isolation und emotionale Abhängigkeit
  9. Future Faking
  10. Das “Drehbuch”

Du hast den Verdacht, dass du oder jemand, der dir wichtig ist, in einer toxischen Beziehung ist? Folgende Anzeichen können dir einen Hinweis geben, ob deine Vermutung stimmt.

1. Am Anfang ist es voll dein Ding

Das Tückische an toxischen Beziehungen ist es, dass sich am Anfang alles richtig anfühlt. Und gut. Zu gut, um wahr zu sein. 

2. Es gibt einen Moment, wo die Beziehung “kippt”

Ihr habt einen Streit. Und plötzlich scheint dein Gegenüber gar nichts Gutes mehr an dir zu finden. Stundenlang streitet ihr, aber längst nicht mehr über dasselbe Thema. Du bemerkst gar nicht, wie aus einem Streit über die Haare im Abfluss eine Grundsatzdiskussion über den generellen Sinn eurer Beziehung wird.

3. Extreme Stimmungsschwankungen

Gerade, als du beschließt, eine Runde um den Block zu gehen, weil du euer lautstarke Diskussion für irrational und zu emotional hältst, verändert sich plötzlich die ganze Situation: Dein:e Partner:in fleht dich an, ihr:sie nicht zu verlassen. Es sei alles nicht so gemeint gewesen. Oder es war „nur ein Scherz“.

4. Vorwürfe und Guilt Tripping

Du hast Überstunden gemacht. Als du nach Hause kommst, sitzt dein:e Parner:in am Esstisch und erklärt, er:sie habe das Gefühl, dein Job sei dir wichtiger als die Beziehung.

Ganz alltägliche Probleme sind plötzlich ganz eindeutig auf dich zurückzuführen.
Anfangs denkst du, dein:e Partner:in ist nur launisch. Aber nach ein paar Wochen fängst du an, an dir zu zweifeln.

>>Was ist Narzissmus und wie kannst du ihn erkennen? 7 typische Aussagen von Narzissten<<

5. Gaslighting

Du beschließt deine:n Partner:in mit deinem Eindruck zu konfrontieren, dass deine Grenzen und Bedürfnisse in dieser Beziehung keinen Platz haben. Er:sie winkt aber und sagt, das sei nur deswegen, weil du eine Drama-Queen seist.

Dein:e Partner:in gibt dir also das Gefühl, dass dein Eindruck nicht stimmt, sondern deine Wahrnehmung einfach nur nicht richtig funktioniert. Das nennt sich Gaslighting und führt langfristig dazu, dass du deinem Bauchgefühl nicht mehr trauen kannst.

6. Du bist nie alleine – vor allem nicht, wenn du es willst

In einem wichtigen Meeting bei der Arbeit erhältst du 17 Nachrichten und 3 Anrufe von deinem:deiner Partner:in. Und das passiert häufiger. Er:sie fragt dich, wo du bist und wer dabei.

7. Drohungen und Abwertungen

Im Streit droht dir dein:e Partner:in, sich selbst, dir oder deiner Familie etwas anzutun, falls du dich trennen solltest. Am Anfang denkst du noch, das sei so dahin gesagt. Irgendwann spürst du, dass etwas davon ein bisschen zu ernst gemeint ist.

Auch, wenn es keine Drohung gibt, kannst du verwundbar sein. Abwertungen innerhalb einer Beziehung sind keine Seltenheit. Aber wenn du sie nicht unterbinden kannst, ist das ein sicherer Hinweis darauf, dass zwischen euch etwas schief läuft.

8. Soziale Isolation und emotionale Abhängigkeit

Ihr geht nicht mehr aus und deine Freun:innen triffst du nur noch, wenn er:sie verreist ist. Bei Telefonaten fühlst du dich beobachtet.

9. Future Faking

Er:sie verspricht dir einen sprichwörtlichen Rosengarten – deine Wünsche für deine oder eure Zukunft werden dir von den Augen abgelesen. Urlaube, ein besserer Job, eine Hochzeit, eine Familie, sogar eine Therapie, damit alles besser wird. Aber es tritt niemals ein. Es bleibt ein Irrlicht am Horizont.

10. Das “Drehbuch”

Wir wünschen uns alle eine Liebe wie im Film. Und in einer Zeit, in der wir eine schier unendliche Auswahl an Filmen und Serien haben, in deren Mittelpunkt die eine dramatische Ghettoblaster-vor-dem-Fenster-Liebe steht, wollen wir das umso mehr, denn diese Art von Liebe löst scheinbar alle Probleme.

Und dann hat man eine Begegnung mit einer Person, die solche Sachen sagt und tut wie im Film. Und die dir das Gefühl gibt, dass deine liebste Rom-Com jetzt endlich wahr wird. Du bist endlich die weibliche Hauptrolle. Und auch nach jedem noch so schrecklichen Streit kommt dieses Gefühl zurück.

Wie im Film denkst du, dass du eben einfach nur das Gute in ihm:ihr herausbringen musst. Du machst aus einem impulsiven Opfer seiner:ihrer eigenen Gefühle den liebenswertesten Menschen der Welt.

Aber das passiert im wirklichen Leben nicht. Niemals.

Was auch immer du versuchst, um ihn:sie vor sich selbst zu retten, du kannst nicht sein:ihr Leben leben. Die einzige Person, deren Leben du veränderst – und das nicht eben zum Positiven – bist du selbst. 

Toxische Beziehung beenden – 7 wichtige Schritte

toxische Beziehung beenden

  • Schritt 1: Erkenne das Problem
  • Schritt 2: Vertraue dich jemandem an
  • Schritt 3: Verschaffe dir Sicherheit und Unterstützung
  • Schritt 4: Brich den Kontakt vollständig ab
  • Schritt 5: Akzeptiere die Folgen
  • Schritt 6: Vergebung
  • Schritt 7: Du bist kein Opfer!

Die meisten Personen, die in toxische Beziehungen geraten, sind Menschen mit einem extrem geringen Selbstwertgefühl.

Das verzerrt ihre Wahrnehmung so sehr, dass sie viel zu spät durchschauen, dass der Umgang, den sie erfahren, nicht angemessen ist und sie das nicht verdient haben. Deshalb gibt es auch Menschen, die wiederholt unbewusst in toxische Beziehungen geraten.

Mein erprobter Leitfaden zur Beendigung einer toxischen Beziehung lautet also wie folgt:

Schritt 1: Erkenne das Problem in der toxischen Beziehung

Du bist verantwortlich für das, was du sagst und tust. Du bist nicht verantwortlich für die Bewertung und die Reaktion der anderen darauf.

Und wenn du dich schlecht fühlst, weil jemand oder etwas in deinem Leben dir das Gefühl gibt, die sprichwörtliche Last der Welt auf deinen Schultern zu tragen, dann kann das ein Hinweis darauf sein, dass dir psychische Gewalt zugefügt wird.

Auch dann, wenn es für dich nicht greifbar ist und es schwer ist, das in Worte zu fassen.

Das Bewusstsein darüber, dass es ein Problem gibt, ist der erste Schritt zur Lösung. Das wusste schon Sophokles, ein sehr alter Grieche.

>> Toxische Beziehung Selbsttest <<

Schritt 2: Vertraue dich jemandem an, um über die Beziehung zu sprechen

Auch, wenn dir etwas anderes vermittelt wird: du darfst und solltest mit jemandem über diese Gefühle sprechen.

Denn zum Glück muss man solches Leid nicht aushalten. Niemals, nicht mal heimlich. Weihe eine Person ein, der du vertrauen kannst.

Wenn dir niemand einfällt, dem du dich nahe genug fühlst, wende dich an eine Lebensberatungsstelle (z.B. von der Diakonie bzw. Caritas, eine:n Therapeut:in oder deine:n Hausärzt:in) oder rufe bei der Telefonseelsorge an.

Die Leitung ist dort häufig belegt, weil viele Menschen Hilfe brauchen. Aber versuche es weiter! Du brauchst auch Hilfe und hast ein Recht darauf.

Schritt 3: Verschaffe dir Sicherheit und Unterstützung

Eine Nebenwirkung von toxischen Beziehungen ist eine so genannte Co-Abhängigkeit. Das bedeutet, auch wenn du dich emotional von der Beziehung distanziert hast, hast du das Gefühl, auf keinen Fall mit einer Trennung zurecht kommen zu können.

Oder du sorgst dich um deine:n Partner:in. Das ist meist unberechtigt, er:sie hat schließlich auch schon viele Jahre vorher ohne dich leben können. Aber es fühlt sich schlecht an. Deshalb solltest du diesen Schritt sorgfältig planen.

Zum Beispiel solltest du dir im Vorfeld eine Unterkunft suchen, zu der dein:e Partner:in keinen Zugang hat. Sicher wird er:sie nach der Trennung sehr aufgebracht sein, und du bist dann nicht mehr die Person, die ihn:sie besänftigen sollte. Also ziehe dich zurück.

Baue dir ein Sicherheitsnetz auf mit Menschen, die du anrufen und um Hilfe bitten kannst. Schaffe dir Safe Spaces, in denen du dich entspannen kannst.

Das müssen nicht unbedingt Orte sein. Ich spreche auch von Gedanken und Aktivitäten, die dir helfen, mit negativen Gefühlen umzugehen und dich zu erholen.

Schritt 4: Brich den Kontakt vollständig ab, wenn dir die toxische Beziehung nicht gut tut

Dieser Schritt ist der Schwerste.

Du trennst dich, verlässt den ggf. gemeinsamen Wohnraum, löst eure gemeinsamen Verträge auf und bist formal nun ungebunden.

Das alles sollte nicht allzu emotional ablaufen. Du bist aus deiner Beziehung Drama gewöhnt, aber das ist hier kontraproduktiv. Je mehr Gefühle ausgedrückt werden, desto anstrengender wird das gesamte Gespräch und desto unwahrscheinlicher das Ende.

Trennungen sind niemals einfach, aber verschiebe sie nicht, nur weil du müde bist. Davon hast du nichts. Wenn du großes Glück hast, ist es danach vorbei. Aber manchmal sucht der:die Partner:in auch später noch den Kontakt.

Das solltest du verhindern! Heißt: Blockieren, Nummer wechseln, Adresse geheim halten, gemeinsame Bekannte durchsortieren. Wer ist dir so wichtig, dass du das Risiko eingehst, deine:n Ex nicht loszuwerden?

Klingt radikal, aber bei manchen Menschen ist das notwendig.

Schritt 5: Akzeptiere die Folgen

Vertrauensprobleme: Wenn du psychische oder körperliche Gewalt erlebt hast, kann es sein, dass du danach Probleme hast, wieder zu vertrauen und Nähe zuzulassen.

Das ist normalerweise nicht für immer so. Aber manchmal dauert es lange, bis du wieder soweit bist. Das ist in Ordnung. Du musst nichts tun, was du nicht willst oder kannst.

Entzugserscheinungen: Wer einmal diese unglaublichen Höhen einer toxischen Beziehung kennen gelernt hat, empfindet im Vergleich dazu eine “gesunde” Beziehung möglicherweise als langweilig.

Ist sie auch. Achte nur unbedingt darauf, dass du dich auf nichts mehr einlässt, was dir wieder solchen Schaden zufügt. 

Wir nehmen nur die Liebe an, von der wir glauben, sie zu verdienen

Wenn du dich nach der Trennung schlecht fühlt, dann ist das kein Zeichen dafür, dass du einen Fehler gemacht hast. Nicht jede Liebe muss ewig halten. Du hast einen Teil deines Lebens damit verbracht, eine Liebe zu empfangen, die weh getan hat. Sie hat dir geschadet und deinem:deiner Partner:in auch.

Das ist nicht die einzige Liebe, die du bekommen kannst und sie ist den Schmerz nicht wert.

Schritt 6: Vergebung

Wenn du in einer toxischen Beziehung warst, dann hat dir jemand Unrecht getan und dir dadurch Leid zugefügt.

Auch wenn er:sie das vielleicht nicht wollte, musst du nun damit leben, schlimme Erinnerungen und ihre Spuren mit dir herum zu tragen.

Aber irgendwann, und wenn es ein halbes Jahrhundert dauert, solltest du deinen Schmerz darüber verrauchen lassen. Nur so kannst du deine eigenen Wunden vollständig heilen.

Ich meine damit nicht, dass du ihm:ihr etwas verzeihen sollst.

Aber du solltest lernen, dir selbst zu vergeben. Dafür, dass du dich in diese Situation gebracht hast und dafür, dass dir erst solche Verletzungen beigebracht werden mussten, bevor du gehen konntest.

Denn du kannst dich nicht von dir selbst trennen. Du bist deine eigene Weggefährtin. Wäre also besser, wenn du mit dir klarkommst.

>>Was tun gegen Liebeskummer? 7 hilfreiche Tipps, um deinen Liebeskummmer zu überwinden<<

Dieser Schritt braucht Zeit. Du kannst nicht vorspulen. Du musst nichts vergeben, wenn du noch nicht bereit dazu bist. Aber der Schmerz wird deinem Glück immer im Weg stehen.

Schritt 7: Du bist kein Opfer!

Solange du in einer Situation bist, in der jemand Macht auf dich ausüben kann und du dem ausgeliefert bist, bist du, grob gesagt, ein Opfer dieser Situation, du fühlst dich ohnmächtig.

Wenn dieser Moment vorbei ist, bist du aber kein Opfer mehr, und das solltest du dir immer wieder bewusst machen, auch wenn es sich anders anfühlt. Sonst sprichst du dir selbst deine Entscheidungsfreiheit über dich und dein Leben ab.

Es ist in Ordnung, verletzt zu sein und die eigenen Verletzungen zu versorgen. Leugne den Schmerz nicht. Das macht ihn nur schlimmer.

Aber du bist in diesem Augenblick genauso wenig ein Opfer wie jemand, der schwer krank war oder ein traumatisches Erlebnis hatte: Du bist eine Überlebende. Du kannst stolz auf dich sein, weil du das alles geschafft hast!

Du bist ab jetzt frei und kannst dein Leben genau so gestalten wie du möchtest. Du bist endlich – vielleicht sogar zum ersten Mal – deines Glückes Schmiedin.

Woher ich das weiß? Ich habe es auch überlebt.

Über die Autorin:

Elisabet Bästlein

Elisabet Bästlein (*1995) ist freie Journalistin und Content Managerin. Die Themen, mit denen sie sich in ihren Texten befasst, sind häufig von ihrer eigenen Biografie inspiriert.

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